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Mundvorhofplatte: Allrounder für eine gesunde Gebissentwicklung

28.02.2023

„Nimm doch mal den Daumen aus dem Mund!“ Wie oft hört man Eltern den Satz zu ihren Jüngsten sagen, wenn diese – dem natürlichen Saugreflex folgend – immer wieder daran nuckeln. Und recht haben Mama und Papa, den Nachwuchs hier zu ermahnen. Denn die bei Kleinkindern beliebte Angewohnheit mag zwar harmlos erscheinen, kann sich auf Dauer jedoch schädlich auf die Entwicklung des Gebisses auswirken. Genauso übrigens wie ein zu langes Nutzen von Schnullern und Fläschchen oder das ständige Einsaugen von Lippe oder Wange. Damit dies verhindert wird und solche Habits ganz schnell wieder abgestellt werden, gibt es Trainingsgeräte wie die Mundvorhofplatte.   

Je eher Eltern bei ihren Kindern schlechte Angewohnheiten wie das Lutschen am Daumen erkennen und unterbinden, desto besser. Doch nicht immer gelingt das frühe Abstellen der Habits. Damit sich diese nicht manifestieren und womöglich zu Fehlstellungen von Zähnen und Kiefer führen, sollte rechtzeitig ein Fachzahnarzt für Kieferorthopädie aufgesucht werden. 

Gemeinsam mit den Eltern kontrolliert dieser dann die altersgerechte Entwicklung des Kindergebisses und bespricht mit ihnen bei Bedarf die Möglichkeiten einer kieferorthopädischen Frühbehandlung. So kann sich bereits im Milchgebiss, im Kindesalter von 4 bis 5 Jahren, der Einsatz eines entsprechenden Therapiegeräts wie der Mundvorhofplatte als sinnvoll erweisen. Rechtzeitig eingesetzt – nämlich dann, wenn die Umformbereitschaft von Knochen- und Gewebestrukturen am größten ist –, hilft diese beim Abgewöhnen gebissschädigender Angewohnheiten. Es steuert so beginnenden Fehlentwicklungen entgegen und fördert das gleichmäßige Kieferwachstum.       

Was ist eine Mundvorhofplatte und wie funktioniert sie? 

Wie der Name bereits erahnen lässt, handelt es sich hierbei um ein funktionskieferorthopädisches Trainingsgerät, welches im Mundvorhof zwischen den Frontzähnen und Lippen eingesetzt und dort durch die eigene Kraft der Mundmuskulatur gehalten wird. Es besteht im Wesentlichen aus einer starren oder elastischen Kunststoffplatte, die als Lippen- und Wangenschild an den Zahnbögen anliegt und verhindert, dass z.B. der Daumen oder Nuckel weiterhin in den Mund genommen werden können. Zudem werden das Einsaugen oder -beißen von Lippen oder Wangen unterbunden und die Zähne vor deren Muskeldruck geschützt. Die speziellen Behandlungsgeräte helfen also dabei, Habits gezielt abzustellen und so Fehlstellungen von Zähnen und Kiefer vorzubeugen. 

Prophylaxe und Korrektur falscher Entwicklungsmuster

Haben sich aufgrund von Lutschgewohnheiten bereits Dysgnathien in ihren Ansätzen ausgeprägt (z.B. eine beginnende Rücklage des Unterkiefers oder ein in der Front offener Biss), sind diese mithilfe der Mundvorhofplatte ebenfalls therapierbar. So kann beispielsweise ein Einbisskäppchen die Bewegung des Unterkiefers nach vorn unterstützen und somit dessen Wachstum anregen. 

Parallele Beseitigung von Zungenfehlfunktionen 

Manche Mundvorhofplatten sind mit einem zusätzlichen Zungengitter oder -bügel aus Metall ausgestattet. Dieses Hilfsmittel verhindert Zungenfehlfunktionen (Pressen gegen die Zähne) oder Zungenfehllagen und kann sich beim Schließen offener Bisse als hilfreich erweisen, die durch Lutschgewohnheiten oder falsche Bewegungsmuster der Zunge entstanden sind. Zudem können Aussprachefehler, eine offene Mundhaltung bzw. ein unzureichender Lippenschluss behoben sowie Mundatmung in die gesunde Nasenatmung überführt werden. 

Muskelschwache Zungen sind darüber hinaus z.B. mithilfe einer kleinen, mittels Drahtbogen fixierten Perle trainierbar. Indem die Perle durch die Zunge in Richtung Gaumendach gelenkt wird, kann z.B. die Zungenlage korrigiert und so ein falsches (viszerales) Schluckmuster behoben werden. 

Vorgefertigte vs. individuelle Mundvorhofplatte 

Mundvorhofplatten sind entweder vorgefertigt (konfektioniert) in verschiedenen Größen für das 

Milch- bzw. Wechselgebiss erhältlich oder aber sie werden individuell auf Grundlage eines entsprechenden Abdrucks im Labor gefertigt. Dann sind sie aufgrund des zusätzlichen Aufwands zwar teurer, dafür jedoch perfekt an die vorliegende Gebisssituation angepasst. Beide Varianten verfügen über einen kleinen Ring bzw. Griff, der dem Patienten ein leichteres Einsetzen sowie Herausnehmen des Therapiegeräts ermöglichen soll. 

Wie viele Stunden pro Tag muss das Gerät getragen werden?

Damit die gewünschte Wirkung erzielt wird, sollte eine Mundvorhofplatte i.d.R. die ganze Nacht und mindestens ein paar Stunden am Tag getragen werden. Wie lang genau die Apparatur auch tagsüber einzusetzen ist, entscheidet der Fachzahnarzt für Kieferorthopädie. Während das Abschirmgerät über die Nachtstunden Lutsch- oder Sauggewohnheiten verhindert und zur Abgewöhnung der Mundatmung beiträgt, kann mit ihm tagsüber ganz bewusst ein aktives Training der Mundmuskulatur erfolgen. In jedem Fall aber sind die Eltern gefragt, die ihr Kind weiterhin sorgfältig beobachten und immer wieder zum regelmäßigen Tragen motivieren.  

 

Quellen:

  • Das Gesundheitsportal medondo.health
  • Knak S: Praxisleitfaden Kieferorthopädie. Elsevier Verlag. München 2004. S. 89-91.
  • Witt E: Funktionskieferorthopädie. In: Diedrich P (Hrsg.): Kieferorthopädie II. Elsevier Verlag. München 2000. S. 122.
  • Bückmann B: Kieferorthopädie. Stiftung Warentest. Berlin 2009. S. 11-12.